Das Prinzip Radweg
Radwege sind "Verkehrswege 2. Wahl" und sie werden als solche behandelt. Fast alles, was mit Radwegen geschieht und wie mit ihnen umgegangen wird,
ist auf einer Fahrbahn undenkbar oder zumindest würde es heftigen Protest hervorrufen. Dieses Prinzip steckt in den Köpfen der Menschen und es ist dort auch nicht herauszubekommen, indem man einen "guten Radweg" erfindet.
Radwege sind Verkehrswege 2. Wahl, weil
- Autofahrer sie nicht ernst nehmen
Sie achten nicht auf Radwege beim Abbiegen, stellen sie zu beim Einbiegen und Einfahren,
parken darauf, öffnen Türen darüber, halten zu Radfahrern auf Radwegen
geringeren Überholabstand,
denn "Das sind doch nur Radwege! Es kommt doch keiner!"
- Fußgänger sie nicht ernst nehmen
Sie gehen darauf spazieren, queren sie ohne zu schauen, achten auf gemischten
Fuß- und Radwegen nicht auf Radfahrer,
denn "Das sind doch nur Radwege! Da fährt doch keiner!"
- Radfahrer sie nicht ernst nehmen
Sie fahren darauf nicht rechts, benutzen sie - auch wenn sie nicht dafür zugelassen
und viel zu schmal sind - in falscher Richtung, fahren gerade dort ohne Licht,
halten keinen Seitenabstand beim Überholen,
fahren zu schnell um die zahlreichen Kurven,
denn "Das sind doch nur Radwege! Es kommt doch keiner - außer mir!"
- Verkehrsplaner sie nicht ernst nehmen
Sie planen Sonderlösungen und komplizierte Führungen oder vergessen einfach,
ob und wie man vom Radweg zurück auf die Fahrbahn kommt, stellen Hindernisse (Licht-, Ampel-, Schildermasten, ...)
mitten in den Radweg und verkaufen das noch als Sicherheitserhöhung
(Umlaufsperren), führen Radwege dicht an Parkplätzen vorbei, über Treppen, Rampen, Berg- und Tal-Bahnen, quer durch Bushaltestellen, um enge Kurven,
meinen, für Radwege würden auch mal minderwertige wassergebundene Decken reichen
- schließlich muß man ja irgendwo was für die Umwelt tun - oder Pflaster -
denn man muß auch
einfach an die darunter verborgenen Versorgungsleitungen kommen,
pferchen Fußgänger auf Radwege oder Radfahrer neben Fußwege,
denn "Das sind doch nur Radwege! Da ist doch kein Verkehr!"
- Polizisten sie nicht ernst nehmen
Sie parken ebenfalls auf Radwegen, auch zum Besuch der Imbissbude, sichern
Gefahrstellen auf Radwegen wochenlang nicht ab, selbst wenn man sie darauf
ausdrücklich hinweist, reiten auf ihnen,
empfehlen anderen - verkehrswidrig - auf Radwegen zu reiten,
kehren Scherben von der Fahrbahn auf den Radweg,
leiten sogar Autos im Gegenverkehr darauf, aber ganz
ohne den Radweg vorher abzusperren,
denn "Das sind doch nur Radwege! Die Radfahrer sollen über den Gehweg fahren!"
- Straßenbauer sie nicht ernst nehmen
Sie bauen Radwege in minderwertiger Qualität, so daß nicht einmal die Baurichtlinien
erfüllt sind - und keiner fordert ihre Einhaltung ein -, stellen ihre Baufahrzeuge und
Baumaterial bevorzugt auf Radwegen ab, sichern Baustellen auf Radwegen nicht
oder unzureichend, sperren sie nicht rechtzeitig vorher, dort wo man noch
ausweichen könnte, weisen keine Umleitung aus, schaffen Fallen (z.B. Löcher, Kanten)
und lassen sie monatelang liegen,
denn "Das sind doch nur Radwege! Da passiert schon nichts!"
- Baulastträger sie nicht ernst nehmen
Sie bauen sie selbst, wenn sie als gefährlich erkannt werden - Hauptsache man
bekommt so Zuschüsse -, reinigen sie selten, wegweisen nicht,
denn "Das sind doch nur Radwege! Wer fährt da schon?"
- alle sie nicht ernst nehmen
Hundebesitzer lassen Hundeleinen kreuzen, Kinder spielen darauf (Lasst sie spielen!), Anlieger stellen Mülltonnen,
Veranstalter Toilettencontainer,
Geschäftsleute Verkaufsständer, Wahlhelfer Wahlplakate, ... auf Radwege,
Straßenreiniger lagern dort Laubhaufen,
Landwirte verschmutzen sie oder verbarrikadieren sie mit
ihren Fahrzeugen, Lastkraftfahrer wenden auf ihnen,
Weihnachtsbaumverkäufer machen dort ihre besten
Geschäfte ...,
denn "Das sind doch nur Radwege! Die sind für Radfahrer!"
2002-02-04 (© Bernd Sluka), zuletzt geändert
2009-06-12
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