Das Urteil ist nicht rechtskräftig, weil die Beklagte Berufung versucht.

 
VERWALTUNGSGERICHT LÜNEBURG
 

Lüneburger Wappen

Az.: 5 A 161 /01
 

IM NAMEN DES VOLKES
 
URTEIL

In der Verwaltungsrechtssache
 
des geschwärzt
geschwärzt

Klägers,  

 
g e g e n

die geschwärzt
geschwärzt

Beklagte,

 

Streitgegenstand: Abstellen von Fahrrädern auf öffentlichen Verkehrsflächen

 

hat das Verwaltungsgericht Lüneburg - 5. Kammer - auf die mündliche Verhandlung vom 25. September 2002 durch den geschwärzt, den Richter am Verwaltungsgericht geschwärzt, die Richterin am Verwaltungsgericht geschwärzt sowie die ehrenamtlichen Richter geschwärzt und geschwärzt für Recht erkannt:

Es wird festgestellt, dass das von der Beklagten im Bahnhofsbereich in L. angeordnete eingeschränkte Haltverbot für eine Zone mit dem Zusatzschild "auch Radfahrer" nicht das Abstellen von Fahrrädern auf Verkehrsflächen, die der Fußgängernutzung vorbehalten sind, untersagt.

Die Beklagte wird verpflichtet, an den Kläger 15,-- EUR zu bezahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

 

T a t b e s t a n d

Der Kläger begehrt mit der Klage im wesentlichen die Feststellung, dass das Abstellen von Fahrrädern auf dem Bahnhofsvorplatz in L. gestattet ist.

Die Beklagte hat im Jahre 1999 die dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Verkehrsflächen vor dem Bahnhof in L. neu gestaltet. Außer den Fahrbahnen nebst Gehwegen der Zufahrtstraßen zum Bahnhofsgelände und Kurzparkzonen für Kraftfahrzeuge ist vor dem Gebäude des Hauptbahnhofes eine durch Hochborde abgegrenzte Fläche für den Fußgängerverkehr eingerichtet worden. Ein Kraftfahrzeugverkehr ist auf dieser Fläche nicht vorgesehen. Neben dem Bahnhofsgebäude ist der sog. "Radspeicher" errichtet worden, in dem Fahrräder kostenpflichtig abgestellt werden können. An den Zufahrtstraßen von der geschwärzt und von der geschwärzt zum Bahnhof hat die Beklagte jeweils das Verkehrszeichen 290 (eingeschränktes Haltverbot für eine Zone), ergänzt mit den Zusatzschildern "Parken in gekennzeichneten Flächen erlaubt" und "auch Radfahrer", aufgestellt.

Der Kläger bat aufgrund eines Presseberichtes mit Schreiben vom 22. August 2001 die Beklagte um Mitteilung, auf welcher Rechtsgrundlage auf dem Bahnhofvorplatz abgestellte Fahrräder nach gewaltsamer Öffnung der Schlösser entfernt und in das "Fahrradparkhaus" verbracht worden seien. Dort seien sie nur gegen Zahlung von 30,-- DM wieder herausgegeben worden. Die Beklagte erklärte daraufhin, aufgrund der angeordneten Verkehrszeichen sei das Abstellen von Fahrrädern auf dem Bahnhofsvorplatz nicht zulässig und sie sei zur Beseitigung der ordnungswidrig abgestellten Fahrräder befugt. Die Beteiligten erzielten über die Rechtmäßigkeit des Vorgehens der Beklagten keine Einigung.

Mit der am 8. November 2001 bei dem Verwaltungsgericht eingegangenen Klage begehrt der Kläger zum einen die Feststellung, dass das im Bereich des L.-er Bahnhofs angeordnete eingeschränkte Haltverbot für eine Zone mit dem Zusatzschild "auch Radfahrer" das Abstellen von Fahrrädern auf dem Bahnhofsvorplatz nicht verbiete. Er macht dazu geltend, das eingeschränkte Zonenhaltverbot beziehe sich nicht auf Verkehrsflächen, die Fußgängern vorbehalten seien. Das Abstellen von Fahrrädern auf dem Bahnhofsvorplatz sei kein "Halten auf der Fahrbahn über 3 Minuten", auf das sich diese Verkehrsregelung nur beziehe. Deshalb sei das Abstellen von Fahrrädern auf dem Bahnhofsvorplatz nicht verkehrsordnungswidrig, soweit nicht im Einzelfall Störungen des Verkehrs durch Fahrräder eintreten. Weiterhin begehrt der Kläger die Erstattung von 15,- €. Am 15. August 2002 habe er am Rande des Bahnhofsvorplatzes in L. sein Fahrrad ohne Behinderung anderer Verkehrseilnehmer abgestellt. Nach Zerstörung des Schlosses sei es von Mitarbeitern der Beklagten entfernt worden und er habe es nur gegen Zahlung von 15,-- EUR im Radspeicher "auslösen" können. Da er das Fahrrad ordnungsgemäß abgestellt habe, könne er die von ihm gezahlten 15,-- EUR von der Beklagten zurückfordern.

Der Kläger beantragt,

1. festzustellen, dass das von der Beklagten im Bahnhofsbereich in L. angeordnete eingeschränkte Haltverbot für eine Zone mit dem Zusatzschild "auch Radfahrer" nicht das Abstellen von Fahrrädern auf Verkehrsflächen, die der Fußgängernutzung vorbehalten sind, untersagt,
 
2. die Beklagte zu verpflichten, an den Kläger 15,-- EUR zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie erwidert, die Feststellungsklage sei unzulässig, weil dem Kläger das erforderliche Feststellungsinteresse fehle. Er könne gegen die von ihm beanstandeten Verkehrsschilder Widerspruch und Anfechtungsklage erheben. Die Klage sei auch unbegründet, weil sich der Regelungsgehalt des Verkehrsschildes "Eingeschränktes Haltverbot für eine Zone" auf alle öffentlichen Verkehrsflächen im Bahnhofsbereich erstrecke. Durch den Zusatz "auch Radfahrer" sei das Abstellen von Fahrrädern auch auf dem für den Fußgängerverkehr vorbehaltenen Bahnhofsvorplatz rechtmäßig untersagt worden. Die Fahrradfahrer seien auf das Abstellen ihrer Fahrräder auf dem Bahnhofsvorplatz auch nicht angewiesen, weil sie in dem wenige Meter entfernten "Radspeicher" ihre Fahrräder abstellen könnten. Der Kläger könne auch nicht die von ihm gezahlten 15,-- EUR zurückverlangen. Er sei, solange die getroffene Verkehrsregelung bestehe, gehalten, diese Verkehrsregelung zu beachten. Da er dies nicht getan habe, sei sie berechtigt gewesen, das Fahrrad sicherzustellen. Als Kosten der Ersatzvornahme könne sie eine Verwaltungsgebühr entsprechend dem Verwaltungskostentarif erheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie auf den Verwaltungsvorgang der Beklagte Bezug genommen.

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die zulässige Klage ist begründet.

Die vom Kläger unter 1. erhobene Feststellungsklage ist gemäß § 43 VwGO zulässig. Der Kläger kann mit der Klage die Feststellung darüber begehren, ob die Beklagte mit den angeordneten Verkehrszeichen im Bahnhofsbereich in. L. das Abstellen von Fahrrädern auf dem Bahnhofsvorplatz rechtswirksam untersagt hat. Er hat ein berechtigtes Interesse an der von ihm begehrten Feststellung im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO, weil er offenbar beabsichtigt, sein Fahrrad auf dem Bahnhofsvorplatz abzustellen und die Beklagte für sich in Anspruch nimmt, dort abgestellte Fahrräder zwangsweise zu entfernen. Der Kläger kann seine Rechte auch nicht durch eine Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen. Dem Kläger geht es entgegen der Auffassung der Beklagten nicht um die Beseitigung des angeordneten Zonenhaltverbotes im Bahnhofsbereich. Vielmehr begehrt er die Feststellung, ob der Regelungsbereich der angeordneten Verkehrsschilder auch das Abstellen von Fahrrädern auf dem Bahnhofsvorplatz erfasst. Dieses Begehren kann er nicht mit einer Anfechtungsklage verfolgen. Dafür steht ihm allein die Feststellungsklage des § 43 VwGO zur Verfügung.

Die Feststellungsklage ist auch begründet. Entgegen der Auffassung der Beklagten erstreckt sich das für den Bahnhofsbereich in L. angeordnete "Eingeschränkte Haltverbot für eine Zone" mit den Ergänzungen, dass das Parken nur auf dafür gekennzeichneten Flächen erlaubt sei und dieses auch für Radfahrer gelte, nicht auf das Abstellen von Fahrrädern auf den ausschließlich für Fußgänger vorbehaltenen öffentlichen Verkehrsflächen in diesem Bereich.

Gemäß § 41 Abs. 2 Nr. 8 StVO verbietet das Zeichen 286 "Eingeschränktes Haltverbot" das "Halten auf der Fahrbahn über 3 Minuten, ausgenommen zum Ein- oder Aussteigen oder zum Be- oder Entladen". Die verkehrsrechtliche Anordnung des Zeichens 286 erfasst damit nur das Halten und Abstellen von Fahrzeugen "auf der Fahrbahn". Durch diese Beschränkung des Regelungsgehalts des genannten Verkehrszeichens werden von dem eingeschränkten Haltverbot keine Verkehrsvorgänge erfasst, die auf Gehwegen oder anderen den Fußgängern vorbehaltenen Verkehrsflächen stattfinden (vgl. Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 36. Aufl. 2001, § 41 StVO, Anm. zu Z 286, S. 806 oben). Deshalb erfasst das Zeichen "Eingeschränktes Haltverbot" nicht das Abstellen von Fahrrädern auf Fußwegflächen.

Eine Erweiterung des Regelungsgehaltes des "eingeschränkten Haltverbotes" auf Gehwegflächen ist auch nicht durch das Zusatzschild "auch Radfahrer" mit der von der Beklagten gewünschten Zielsetzung erfolgt. Mit diesem Zusatzschild ist nur geregelt, dass das angeordnete eingeschränkte Haltverbot auch für Radfahrer gelten soll. Weil eine Änderung oder Erweiterung des Regelungsgehaltes des Verkehrsschildes mit diesem Zusatzschild nicht erreicht werden kann, stellt diese Beschilderung lediglich klar, dass Fahrräder, wie andere Fahrzeuge auch, auf der Fahrbahn nicht über drei Minuten hinaus "halten" dürfen. Dies ergibt sich allerdings auch schon ohne das Zusatzschild und wird vom Kläger nicht in Frage gestellt.

Die mit dem Zeichen 286 angeordnete straßenverkehrsrechtliche Regelung wird auch nicht durch die mit den Zeichen 290 vorgenommene räumliche Erweiterung der verkehrsrechtlichen Anordnung "für eine Zone" inhaltlich verändert. Durch die Anordnung der Geltung des Verkehrszeichens für eine Zone werden gern. § 41 Abs. 2 Nr. 8 StVO "die Grenzen der Haltverbotszone bestimmt". Mit der Zonenanordnung wird danach der Geltungsbereich des Haltverbotes auf alle Fahrbahnen in der festgesetzten Zone einschließlich der dazu gehörenden Seitenstreifen, Parkstreifen, Park- und Ladebuchten sowie den von Kraftfahrzeugen befahrbaren freien Plätze ausgedehnt (vgl. Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 36. Aufl. 2001, § 41 StVO, Anm. zu Z 290, S. 806). Eine Erweiterung des Regelungsgehaltes des eingeschränkten Haltverbotes in dem Sinne, dass es in einer Zone "für alle öffentlichen Verkehrsflächen" und damit auch für Gehwegbereiche gelten soll, wie sich dies aus der Erläuterung zu Zeichen 290 in § 41 Abs. 2 Nr. 8 StVO ergeben könnte, ist nicht zu erkennen. Vielmehr gilt auch in einer Zone das angeordnete eingeschränkte Haltverbot nur mit dem für das Zeichen 286 vorgesehenen Regelungsgehalt. Es untersagt damit auch in einer Zone nur das "Halten auf der Fahrbahn über 3 Minuten...". Weder aus dem Wortlaut des § 41 Abs. 2 Nr. 8 StVO noch aus dem Sinn und Zweck und der erforderlichen Verständlichkeit der Verkehrsregelung für alle Verkehrsteilnehmer ist ein Anhaltspunkt dafür erkennbar, dass sich das "Eingeschränkte Zonenhaltverbot" auf andere Verkehrsflächen als das "normale" eingeschränkte Haltverbot bezieht. Es erstreckt sich damit entgegen der Auffassung der Beklagten in einer Zone" nicht auf die ausschließlich den Fußgängern vorbehaltenen Gehwegflächen mit der Folge, dass es Verkehrsvorgänge auf diesen Verkehrsflächen nicht erfasst. Die von der Beklagten aufgestellten Haltverbotsschilder für eine Zone im Bahnhofsbereich in L. beziehen sich damit entsprechend der Auffassung des Klägers nicht auf Verkehrsvorgänge auf den Gehwegflächen und auf dem Bahnhofsvorplatz, soweit dieser allein dem Fußgängerverkehr vorbehalten ist. Das Abstellen von Fahrrädern auf dem Bahnhofsvorplatz wird damit nicht von dem von der Beklagten aufgestellten eingeschränkten Zonenhaltverbot erfasst.

Es ist auch im Übrigen kein straßenverkehrsrechtliches Verbot zum Aufstellen von Fahrrädern auf dem Bahnhofsvorplatz ersichtlich. Die in § 12 Abs. 3 StVO angeordneten Parkverbote erfassen nicht das Abstellen von Fahrrädern auf Gehwegflächen.

Gemäß § 12 Abs. 2 StVO parkt, "wer sein Fahrzeug verlässt oder länger als 3 Minuten hält". Diese Regelung erfasst auch Fahrräder, weil ein Fahrrad gemäß § 2 Abs. 1 StVO als "Fahrzeug" im Sinne der StVO anzusehen ist. Das ergibt sich schon aus § 2 Abs. 4 StVO, in der besondere Verhaltensregeln für Radfahrer im öffentlichen Straßenverkehr angeordnet sind. Diese Vorschrift setzt damit voraus, dass Fahrräder als Fahrzeuge" im Sinne der StVO gelten. Dies kann entsprechend der Auffassung der Beklagten auch aus § 24 Abs. 1 StVO geschlossen werden. Danach gelten unter anderem Kinderfahrräder, nicht aber Fahrräder für Jugendliche und Erwachsene, nicht als Fahrzeuge im Sinne der Straßenverkehrsordnung.

Das Abstellen von Fahrrädern auf Gehwegen oder anderen dem Fußgängerverkehr vorbehaltenen öffentlichen Verkehrsflächen ist jedoch eine straßenverkehrsrechtlich grundsätzlich zugelassene Nutzung, weil die gesetzlichen Parkverbotsregelungen des § 12 Abs. 3 StVO keine entgegenstehenden straßenverkehrsrechtlichen Anordnungen enthalten. Zunächst bezieht sich diese Vorschrift in den in §12 Abs. 3 Nrn. 1 - 9 StVO aufgeführten Fällen nur auf das Parken auf der Fahrbahn. Soweit in diesen Regelungen das Parken auf Gehwegen in Nr. 7 (durch das Zeichen 315 oder durch eine Parkflächenmarkierung gem. § 41 Abs. 3 Nr. 7 StVO) und in Nr. 8 c (Parken auf Gehwegen mit Zeichen 315) angesprochen wird, beziehen sich diese Regelungen nur auf Kraftfahrzeuge und treffen keine Bestimmungen für das "Parken" von Fahrrädern auf Gehwegflächen. Die Parkregelungen in § 12 Abs. 3a) und 3b) StVO betreffen schon nach dem Wortlaut nur Parkvorgänge mit Kraftfahrzeugen. Die Regelung in § 12 Abs. 4 StVO, nach der zum Parken "der rechte Seitenstreifen:.. zu benutzen (ist), wenn er ausreichend befestigt ist, sonst ist an den rechten Fahrbahnrand heranzufahren" regelt die Ausführung des Parkvorganges und ist, wenn dies im Wortlaut auch nicht zum Ausdruck kommt, als ausschließliche Anordnung für den Parkvorgang durch Kraftfahrzeuge und Motorräder, nicht aber für Radfahrer anwendbar (vgl. Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 36. Aufl. 2001, § 12 StVO, Anm. 38 ff, S. 517 f, der in der Kommentierung ausschließlich das Parken von Kraftfahrzeugen, nicht aber das Abstellen von Fahrrädern bespricht). Das gilt auch unter Berücksichtigung der in § 17 Abs. 4 S. 4 StVO enthaltenen Bestimmung, dass u.a. Fahrräder bei Dunkelheit nicht unbeleuchtet auf der Fahrbahn stehen gelassen werden dürfen. Denn es wäre unsinnig und mit dem in § 1 Abs. 1 StVO enthaltenen Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme unvereinbar, wenn Fahrräder nur am rechten Seitenstreifen der Fahrbahnen abgestellt werden dürften und damit etwa im Innenstadtbereich die vorgesehenen Parkmöglichkeiten für Kraftfahrzeuge blockieren würden. Dementsprechend wird dies unter der Geltung der Straßenverkehrsordnung auch weder praktiziert noch von den Straßenverkehrsbehörden gefordert (davon geht auch aus das OVG Bremen, Urt. v. 10. 11. 1998, 1 BA 20/97, VRS 98, 53 ff.; vgl. auch Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 36. Aufl. 2001, § 12 StVO, Anm. 41, S. 518, der nur die Mitbenutzung des Gehweges durch Kraftfahrzeuge problematisiert und in Anm. 55 am Ende, S. 524, durch die Erwähnung der, Platzbeanspruchung und der Beweglichkeit von Fahrrädern im Gegensatz von Motorrädern wohl auch eine generelle verkehrsrechtliche Gestattung zum Abstellen von Fahrrädern auf Gehwegen annimmt). Das gilt auch für die Vorschrift des § 12 Abs. 4 a StVO, nach der für das Parken, soweit es auf dem Gehweg erlaubt ist, "nur der rechte Gehweg, in Einbahnstraßen der rechte und linke Gehweg zu benutzen ist." Auch diese Vorschrift gilt offenkundig ebenfalls nur für das Abstellen von Kraftfahrzeugen. Das straßenrechtlich und straßenverkehrsrechtlich damit grundsätzlich zugelassene, weil nicht verbotene, Abstellen von Fahrrädern auf Gehwegen oder auf den Fußgängern vorbehaltenen Verkehrsflächen erlaubt damit auch das Abstellen von Fahrrädern auf dem Bahnhofsvorplatz in L.

Die Beklagte hat auch keine nach § 45 Abs. 1 b Nr. 4 StVO mögliche Anordnung zur Erhaltung der Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs im Bahnhofsbereich bezogen auf das Abstellen von Fahrrädern erlassen. Eine entsprechende Anordnung könnte sie allerdings nur treffen, wenn diese aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs, etwa zur Vermeidung von ernsthaften und erheblichen Behinderungen für die Fußgänger, erforderlich wäre und gem. § 45 Abs. 9 StVO eine entsprechende Anordnung "aufgrund der besonderen Umstände zwingend geboten" wäre. Sonstige und der Kammer durchaus nachvollziehbare Gründe wie das Fernhalten von Fahrrädern vom Bahnhofsvorplatz aus ästhetischen Gründen, die Hebung der Attraktivität der Verkehrsflächen oder die Lenkung des Fahrradverkehrs in den neben dem Bahnhofsgebäude errichteten "Radspeicher" sind keine straßenverkehrsrechtlichen Gründe, die eine entsprechende Anordnung rechtfertigen könnten (vgl. so auch OVG Bremen, Urt. v. 10. 11. 1998, 1 BA 20/97, VRS 98, 53 ff.).

Die Klage mit dem Klageantrag zu 2) ist ebenfalls zulässig und begründet.

Der Kläger kann den Erstattungsanspruch über 15,-- EUR gegenüber der Beklagten mit der sog. allgemeinen Leistungsklage verfolgen, die weder die Durchführung eines Vorverfahrens gern. § 68 ff VwGO noch die Einhaltung einer Klagefrist voraussetzt.

Die Klage ist auch begründet. Der Kläger kann auf der Grundlage des allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs die Rückzahlung des genannten Betrages von der Beklagten verlangen, weil die Beklagte diesen Betrag ohne Rechtsgrund vom Kläger erhalten hat.

Die Beklagte hat den streitigen Betrag ohne einen entsprechenden Kostenbescheid, der Rechtsgrundlage für die Zahlungspflicht des Klägers sein könnte, eingezogen. Die vom Kläger vorgelegt und von der geschwärzt erstellte undatierte handschriftliche Bescheinigung über "1 Verwaltungsgebühr STADT LG - € 15,00 - Bezahlt" ist lediglich eine Quittung über den Empfang des genannten Betrages, nicht aber ein Bescheid der Beklagten über die Festsetzung der entsprechenden Verwaltungsgebühr.

Die Beklagte hat auch keinen gesetzlichen Anspruch auf die vom Kläger gezahlten 15,-- EUR. Im Klageverfahren hat sie vorgetragen, es handele sich um die Kosten einer Ersatzvornahme gern. § 70 NVwVG i.V.m. § 66 NGefAG und §1 NVwKostG und des hierzu ergangenen Kostentarifs 26.1. Der Anspruch auf Kostenerstattung für eine Ersatzvornahme gem. §66 NGefAG setzt voraus, dass der Kläger am 15. August 2002 verpflichtet war, sein Fahrrad auf dem Bahnhofsvorplatz nicht abzustellen bzw. es wieder zu beseitigen. Wie oben festgestellt worden ist, besteht für den Bahnhofsvorplatz keine straßenverkehrsrechtliche Anordnung, die es dem Kläger untersagt, sein Fahrrad auf dem dem öffentlichen Straßenverkehr gewidmeten Bahnhofsvorplatz abzustellen. Damit bestand für den Kläger am 15. August 2002 auch keine Pflicht, sein Fahrrad zu beseitigen, so dass die Ersatzvornahme der Beklagten rechtswidrig gewesen ist. Die Beklagte hat damit rechtsgrundlos die 15,-- EUR vom Kläger erhalten, so dass sie diesen Betrag an den Kläger zu erstatten hat. Die Vertreter der Beklagten haben in der mündlichen Verhandlung bestätigt, die 15,-- EUR erhalten zu haben, sodass, gegenüber der Klageforderung auch keine Bedenken bestehen, weil der Kläger die 15,-- EUR nicht unmittelbar an die Beklagte, sondern an die geschwärzt gezahlt hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Berufung nach § 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO liegen nicht vor.