Ausfertigung VG 27 A 11.02 Verkündet am 17. Juli 2003 Speichert Justizobersekretärin als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle VERWALTUNGSGERICHT BERLIN URTEIL Im Namen des Volkes In der Verwaltungsstreitsache des Rechtsanwalts Andreas Volkmann, Malplaquetstral3e 9, 13347 Berlin, - Klägers. gegen das Land Berlin, vertreten durch den Polizeipräsidenten in Berlin - LPVA III A -, Gothaer Straße 19, 10823 Berlin, Beklagten, hat das Verwaltungsgericht Berlin, 27. Kammer, auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 3. Juli 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Neumann, den Richter am Verwaltungsgericht Dolle, den Richter am Verwaltungsgericht Keßler, die ehrenamtliche Richter Stodtmeister und die ehrenamtliche Richterin Lublow für Recht erkannt: Die Radwegebenutzungspflicht (Z 237) für den rechten Radweg der Scharnweberstraße Richtung Wedding vor der Auffahrt zur Autobahn (A 105/ 111) und der Widerspruchsbescheid des Polizeipräsidenten in Berlin vom 2. März 2002 werden aufgehoben. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Tatbestand Der Kläger begehrt die Aufhebung der Radwegbenutzungspflicht (Zeichen 237) für den rechten Radweg der Scharnweberstraße Richtung Wedding (vor der Auffahrt A 105/ 111) im Bezirk Reinickendorf. Im Vorfeld der Änderung der Vorschriften der Straßenverkehrsordnung für Radfahrer und der entsprechenden Verwaltungsvorschriften (vgl. § 2 StVO in der ab 1. Oktober 1998 gültigen Fassung), nach der Radwege nur noch bei besonderer Anordnung (Zeichen 237, 240 und 241) benutzungspflichtig sein sollten, teilte die Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr dem Polizeipräsidenten in Berlin mit Schreiben vom 13. August 1998 mit, es werde aus Verkehrssicherheitserwägungen, die Vorrang gegenüber den Anforderungen an, die Beschaffenheit von Radwegen hätten, für diejenigen Radwege, die nicht die in II.2 der VwV-StVO zu § 2 Abs. 4 Satz 2 StVO vorgegebenen Anforderungen an die lichte Breite erfüllen, gemäß § 46 Abs. 2 StVO eine Abweichung von II.2 a) VwV- StVO zugelassen. Dabei gehe man davon aus, dass diese Radwege zum nächstmöglichen Zeitpunkt so ausgebaut werden, dass sie den Mindestanforderungen an die lichte Breite genügen. Am 18. Oktober 1998 ordnete der Polizeipräsident in Berlin gegenüber dem Bezirksamt Reinickendorf unter anderem im Bereich Scharnweberstraße/ Antonienstraße A 111 die Aufstellung von Zeichen 237 und damit eine Radwegbenutzungspflicht an. Mit seinem vom 14. Juni 2001 datierenden Widerspruchschreiben wandte sich der Kläger - unter anderem - gegen die Anordnung des Zeichens 237 an dem bezeichneten Ort in der Scharnweberstraße vor der Autobahnauffahrt. Am 18. Juni 2001 gingen bei dem Polizeipräsidenten in Berlin zwei weitere Widersprüche des Klägers ein, mit welchen sich dieser einmal gegen die Radwegbenutzungspflicht in der Afrikanischen Straße, der Müllerstraße und anderen Teilen der Scharnweberstraße und zum anderen gegen die Radwegbenutzungspflicht im Bereich Berliner Straße - Seidelstraße wandte. Mit Schreiben vom 3. August 2001 setzte der Polizeipräsident in Berlin den Kläger davon in Kenntnis, seinem Widerspruch vom 14. Juni 2001 werde im Grundsatz stattgegeben. Als Ausnahme verbleibe lediglich die, Scharweber Straße Richtung Wedding vor der Auffahrt A 105/111, dort bleibe die Radwegbenutzungspflicht bestehen. Am 8. August teilte der Polizeipräsident in Berlin dem Kläger mit, die Prüfung seines Widerspruchs zur teilweisen Radwegebenutzungspflicht im Straßenzug Berliner Straße - Seidelstraße nehme noch einige Zeit in Anspruch. Nachdem die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Ende Januar 2002 die Anfrage des Polizeipräsidenten zur Radwegbenutzungspflicht im Bereich Berliner Straße beantwortet hatte, gab nunmehr der Polizeipräsident den hiesigen Widerspruch vom 14. Juni 2001 am 1. März 2002 zusammen mit dem den Bereich Afrikanische Straße etc. betreffenden Widerspruch an die Widerspruchsstelle ab. Diese erließ mit Datum vom 2. Mai 2002 - nach Klageerhebung - einen Widerspruchsbescheid, mit weichem Sie beide Widersprüche als unzulässig weil verspätet zurückwies. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, die Bekanntmachung von Verkehrszeichen erfolge dadurch, dass der Verkehrsteilnehmer durch die Aufstellung Gelegenheit erhalte, die darin verkörperte Anordnung zur Kenntnis au nehmen, wobei subjektives Wahrnehmen nicht erforderlich sei. Sei gemäß § 58 Abs. 2 VwGO der Widerspruch innerhalb eines Jahres seit Zustellung. Eröffnung oder Verkündung zulässig, so sei die Widerspruchsfrist nach Aufstellung der Verkehrszeichen im Jahre 1998 im Jahre 1999 abgelaufen. Die Widersprüche aus dem Jahre 2001 seien mithin verspätet erhoben worden. Der Kläger hat bereits am 8. Januar 2002 Klage erhoben Er macht geltend, sein Widerspruch sei nicht verfristet, da Verkehrszeichen fortlaufend neu bekanntgemacht Würden und die Widerspruchsfrist jedesmal erneut zu laufen beginne. In der Sache fehle es an der gemäß § 45 Abs. 9 StVO erforderlichen zwingenden Notwendigkeit der Beschränkung des Radverkehrs. Die Verkehrsbelastung in der Scharnweberstraße halte sich auf Grund der parallel verlaufendem Autobahn im unteren Rahmen. Besondere Gefährdungen für den Fall der Fahrbahnbenutzung durch Radfahrer seien nicht ersichtlich. Die Radwege seien auch nicht verkehrssicher Ihre Anlegung auf dem Gehweg bedeute ein generell erhöhtes Risiko. Vor der Autobahnauffahrt befänden sich Gehwegüberfahrten, insbesondere eine stark genutzte Parkplatzanfahrt: Auch werde die Mindestbreite von 1,50 m nicht erreicht. Der Kläger beantragt, die Radwegebenutzungspflicht Zeichen 237 StVO für den rechten Radweg der Scharnweberstraße Richtung Wedding vor der Auffahrt (A 105/ A 111) und den Widerspruchsbescheid des Polizeipräsidenten in Berlin vom 2. März 200 aufzuheben. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Er beruft sich wegen der Fristversäumung im Wesentlichen auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid und macht ansausten geltend, die Radwegebenutzungspflicht müsse bestehen bleiben. Für deren Anordnung im streitgegenständlichen Bereich lägen folgende maßgebliche Verkehrssicherheitsgründe vor: Der westliche Stauraum der Lichtzeichenanlage Scharnweberstraße/ Antonienstraße - A 105/111 verfüge über drei Fahrstreifen mit einer reinen Rechtsabbiegerspur zur Autobahn. Um die Scharnweberstraße verkehrlich zu entlasten, erhielten die Rechtsabbieger neben einer besonderen Führung zur Autobahn einen Rechtsnachlauf. Geradeausfahrende Radfahrer auf der Fahrbahn hätte keine Möglichkeit, die Furt zur Radfahrerführung zu nutzen, wozu Sie nach § 2 Abs. 2 Satz 5 StVO verpflichtet seien. Die Lichtzeichenanlage für Radfahrer schalte früher auf Rot als die volle Scheibe für den Kraftfahrzeugverkehr, u.a. zum Schutz der Radfahrer vor Rechtsabbiegern. Dies sei sinnvoll und der Sicherheit dienlich, da der Radweg auch bei Wegfall der Benutzungspflicht genutzt werden könne. Für die Radfahrer auf der Fahrbahn seien die Radfahrersignale bindend, jedoch könnten diese aus Sicherheitsgründen nicht früher anhalten als der auf dem gleichen Fahrstreifen fahrende Kraftfahrzeugverkehr. Die Kammer hat die von der streitigen Radwegebenutzungspflicht umfassten Örtlichkeiten am 25. Juni 2003 in Augenschein genommen. Wegen des Ergebnisses dar Beweisaufnahme wird auf das Protokoll des Ortstermins verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des. Vorbringens der Beteiligten wird auf die Streitakte und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen, die, soweit wesentlich, Gegenstand der Erörterung und Entscheidungsfindung waren. Entscheidungsgründe Die Klage ist als auf Anfechtung (§ 42 VwG0) des Zeichens 237 gerichtete Untätigkeitsklage (§ 75 VwG0) zulässig. Der Kläger beehrt die Aufhebung eines Verwaltungsaktes. Die durch Verkehrszeichen (Zeichen 237) umgesetzte Anordnung einer Radwegebenutzungspflicht stellt hinsichtlich jedes dieser Verkehrszeichen einen anfechtbaren, kraft Gesetzes vollziehbaren Verwaltungsakt in Form einer Allgemeinverfügung (§ 35 Satz 2 VwVfG) dar. Der Kläger ist als Radfahrer klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO), Beinhaltet die Anordnung der Radwegebenutzungspflicht gemäß § 2 Abs, 4 Satz 2 StVO für jeden Radfahrer gleichzeitig das Verbot, die. Fahrbahn zu benutzen (§ 2 Abs. 1 StVO, so kann der Kläger geltend machen, dass die rechtssaumäßigen Voraussetzungen für die angefochtene Verkehrsregelung nicht gegeben sind (vgl. dazu Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 27. Januar 1993 - 11 C 35/92 - in: BVerwGE 92, 32). Gemäß § 75 Satz 1 und 2 VwG0 ist die Klage ohne Vorverfahren zulässig. Danach ist eine Klage abweichend von § 68 VwGO zulässig, wenn über einen Widerspruch ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist (Satz 1). Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist (Satz 2). Widerspruch erhob der Kläger am 15. Juni 2001, die Klageerhebung erfolgte am 8. Januar 2002. Bis zu diesem Zeitpunkt war der Widerspruch nicht beschieden. Ein sachlicher Grund dafür ist nicht ersichtlich. Bereits am 3. August 2001 war das Widerspruchsvorbringen des Klägers inhaltlich geprüft worden und klar, dass im vorliegend. streitgegenständlichen Bereich nicht abgeholfen werden würde. Erfolgte trotzdem erst am 1. März 2002 eine Abgabe des Widerspruchs an die Widerspruchsstelle, gibt es dafür keinen zureichenden Grund. Dis bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung eingeholten Auskünfte vermögen die zögerliche Bearbeitung des vorliegenden Widerspruchs nicht zu begründen. Sie betreffen ausschließlich den Bereich Berliner Straße - Seidelstraße. An der Zulässigkeit der Untätigkeitsklage ändert sich schließlich auch nichts wegen des - nach Klageerhebung ergangenen - Widerspruchsbescheids vom 2. Mai 2002. Insbesondere die Frage der Rechtzeitigkeit des Widerspruchs ist in diesem Kontext ohne Bedeutung. Denn gemäß § 75 Satz 1 VwGO ist die Untätigkeitsklage abweichend. von einem Vorverfahren nach § 68 VwG0 zulässig. Die Anfechtungsklage ist auch begründet. Die streitgegenständliche Anordnung des Zeichens 237 und der Widerspruchsbescheid vom 2. März 2003 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). a) Die Anordnung der Zeichen 237 ist - entgegen der Auffassung des Beklagten, der von der Unzulässigkeit des Widerspruchs vom 14. Juni 2001 wegen Verspätung ausgeht - nicht in Bestandskraft erwachsen. Der Widerspruch war nicht verspätet. Die Kammer orientiert sich für die Frage des Beginns dar Anfechtungsfrist bei Verkehrszeichen (§ 57 Abs. 1 VwGO) weiterhin an der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Dezember 1979 - 7 C 46.7B - (in: BVerwGE 59, 221). Danach beginnt die Anfechtungsfrist zu laufen, wenn ein Verkehrsteilnehmer sich erstmalig der Regelung eines Verkehrsreichens gegenübersieht (vgl. auch OVG Bremen, Urteil vom 25. Oktober 1983 - 1 BA 98/82 - in: VRS 66, 232). Die Kammer folgt nicht der Auffassung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dessen Urteil vom 31. März 1899 - 2 UE 2346/96 - in: NJW 7999, 2057; siehe auch Eyermann/Fröhler, VwGO, 11. Auflage, § 58 Rz. 14), der auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Wirksamwerden von Verkehrszeichen (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 11. Dezember 1996 - 11 C 15/95 in: BVerwGE 101, 316) davon ausgeht, dass die einjährige Klagefrist des § 58 Abs. 2 VwGO grundsätzlich mit dem Aufstellen des Verkehrszeichens gegenüber allen Verkehrsteilnehmern in Gang gesetzt werde, so dass es nicht (mehr) darauf ankomme, wann der einzelne Kraftfahrer die konkrete Möglichkeit hatte, das Verkehrszeichen zur Kenntnis zu nehmen Zur Begründung führt der Hessische Verwaltungsgerichtshof aus, für die Bekanntgabe von Verwaltungsakten in der Gestalt von Verkehrszeichen enthalte das Straßenverkehrsrecht besondere Vorschriften; die die allgemeinen Bekanntgabebestimmungen verdrängten. Danach würden Verkehrsgebote und -verbote grundsätzlich durch Aufstellen von Verkehrszeichen bekannt gemacht (vgl. §§ 39 Abs. 2 und 2a sowie 45 Abs. 4 StVO in der Fassung der Verordnung vom 7. August 1997, BGBl. I S. 2028). Werde aber eine Verkehrsregelung mit dem Aufstellen des Verkehrszeichens gegenüber allen potentiell betroffenen Verkehrsteilnehmern - unabhängig von der tatsächlichen oder möglichen Kenntnisnahme - im Sinne des § 43 Abs. 1 VwVfG wirksam, müsse durch das Aufstellen des Verkehrszeichens auch die Anfechtungsfrist in Gang gesetzt werden, mit der Folge, dass Verkehrszeichen grundsätzlich nur innerhalb eines Jahres seit ihrer Aufstellung mit Widerspruch oder Klage zulässigerweise angefochten werden können. Lediglich in Ausnahmefällen, wenn etwa eine Verkehrsregelung ohne Änderung des sie verkörpernden Verkehrszeichens inhaltlich geändert werde, weil z.B. einer Verkehrsbeschränkung rechtsgüterbezogen ein anderer Schutzzweck zugeordnet werde, sei von diesem Grundsatz abzuweichen. Diese Auffassung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vernachlässigt den Charakter des Verkehrszeichens als Dauerverwaltungsakt. Bei Verkehrszeichen als Dauerverwaltungsakten besteht jederzeit die Möglichkeit, dass eine ursprünglich im Zeitpunkt der Anordnung rechtmäßige Verkehrsbeschränkung durch Änderung der Verkehrslage oder sonstiger tatsächlicher Umstände mit der Zeit rechtswidrig wird. Folgte man bezüglich der Anfechtungsfrist der Auffassung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes, so hätte dies zur Konsequenz, das rechtswidrig gewordene Verkehrszeichen, die nicht mehr ihren ursprünglichen Zweck der Gefahrenabwehr erfüllen - und möglicherweise sogar durch den nicht mehr der Verkehrslage entsprechende Regelungsgehalt selbst zur Gefahrenquelle geworden sind - vom Verkehrsteilnehmer ohne jegliche Rechtsschutzmöglichkeit (Art. 19 Abs. 4 GG) - und bei Androhung der Ordnungswidrigkeit - befolgt werden müssten. Der 11. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat sich Im Übrigen in seiner Entscheidung vom 19. Dezember 1996 (- 11 C 15/95 - a.a.O.), auf welche sich der Hessische Verwaltungsgerichtshof bezieht, nicht zur Frage der Anfechtungsfrist bei Verkehrszeichen, sondern lediglich zum Begriff der Bekanntgabe geäußert. Zwar bezieht der 11. Senat sich in dieser Entscheidung auch auf die oben genannte Entscheidung des 7. Senats des .Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Dezember 1979 (- 7 C 46/78 - a.a.0.}, erklärt dabei indes ausdrücklich, der Umstand, dass Verkehrszeichen ihre Rechtswirkung gegenüber jedem von der Regelung betroffenen Verkehrsteilnehmer äußerten, gleichgültig ob er sie tatsächlich wahrnehme, stehe nicht im Widerspruch zu der Aussage vom 13. Dezember 1979, wonach ein Verkehrsteilnehmer erst dann von dem Verwaltungsakt betroffen werde; wenn er sich erstmalig der Regelung des Verkehrszeichens gegenübersehe. Die Kammer geht vor diesem Hintergrund davon aus, dass die Bekanntgabe eines Verkehrszeichens für sich genommen für den Beginn der Anfechtungsfrist nicht ausreicht, sondern zusätzlich die Betroffenheit von der darin verkörperten Regelung, d.h. das objektive Einbezogensein in ihren Wirkungskreis, hinzukommen muss. Dabei kommt es dann auf die subjektive Wahrnehmung des Betroffenen nicht mehr an. Lässt sich schließlich in der Praxis die Erstmaligkeit der Betroffenheit durch ein Verkehrszeichen nur schwer feststellen, so mag dies faktisch die permanente Anfechtbarkeit von Verkehrszeichen zur Folge haben. Dem hier denkbaren Einwand fehlender Rechtssicherheit auf Seiten der Straßenverkehrsbehörde und der Möglichkeit einer missbräuchlichen Ausnutzung des Rechtsschutzes - wenn beispielsweise jemand nach jahrelanger Akzeptanz eines Verkehrszeichens plötzlich ohne besonderen Grund dagegen vorgeht - lässt sich mit dem Hinweis auf die mögliche Verwirkung von Klagerechten begegnen. Im vorliegenden Fall indes besteht dafür kein Anhaltspunkt. b) Zu den Voraussetzungen der - nach der Straßenverkehrsordnungsnovelle nur ausnahmsweise bestehenden - Radwegebenutzungspflicht ist vorab Folgendes auszuführen: Die Rechtmäßigkeit der Anordnung einer Radwegebenutzungspflicht Zeichen 237) bemisst sich zunächst an § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO als allgemeiner Ermächtigungsgrundlage. Danach können die Straßenverkehrsbehörden die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken. Zusätzlich bestimmt § 45 Abs. 9 StVO. dass Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen nur dort anzuordnen sind, wo dies auf Grund der besonderen Umstände zwingend geboten ist (Satz 1). Insbesondere Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs dürfen nur angeordnet werden, wenn auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt (Satz 2). Weitere Voraussetzung für die Anordnung der Benutzungspflicht ist, dass der benutzungspflichtige Radweg den Anforderungen dar Verkehrssicherheit genügt. Nach dem Vorliegen einer auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisses bestehenden außergewöhnlichen Gefahrenlage steht die verkehrsregelnde Anordnung dann im Ermessen der Straßenverkehrsbehörde, welches durch die bundeseinheitlich geltenden Verwaltungsvorschriften zu § 2 Abs. 4 StVO (im Folgenden: VV-StVO und die dort gemachten Vorgaben bezüglich Beschaffenheit und Zustand des Radwegs gebunden ist. Machen die VV- StVO zu § 2 Abs. 4 Satz 2 StVO Vorgaben bezüglich der Gestaltung von Radwegen - so wird für die lichte Breite etwa zu Zeichen 237 bei einem baulich angelegten Radweg eine Mindestbreite von 1.50 m vorgegeben, möglichst soll sie indes 2 m betragen - so dient die hier angestrebte bundeseinheitlich gleichartige Gestaltung der Radwege einmal der Erkennbarkeit, zum anderen sind es aber auch Vorgaben bezüglich der für notwendig erachteten Sicherheitsstandards. Nach den VV-StVO muss die Benutzung des Radweges nach Beschaffenheit und Zustand zumutbar, die Linienführung eindeutig, stetig und sicher sein; abgewichen werden kann nur ausnahmsweise und 'unter Wahrung der Verkehrssicherheit' (vgl. VV-StVO Rz. 16 und 22). Demnach bildet die Abweichung beispielsweise eines zu schmalen Radweg von der Mindestbreite und damit von den Vorgaben der VV-StV0 zur lichten Breite insofern ein Indiz für einen mangelnden Sicherheitsstandard und damit die Ungeeignetheit des Radwegs, die Sicherheit des Radverkehrs zu gewährleisten. Binden die VV-StVO das Ermessen der Verwaltung bezüglich der Gestaltung des Radwegs, ist die Behörde einer eigenen Prüfung und Ermessensausübung damit nicht enthoben. Ein Abweichen in der Ermessensausübung von den Vorgaben der VV-StVO ist grundsätzlich möglich, indes nur dort, wo im Einzelfall ein atypischer Sachverhalt vorliegt, der diese Abweichung rechtfertigt. Insofern bieten die Verwaltungsvorschriften Gesichtspunkte für die Einschätzung der Eignung des konkreten Radwegs, Sicherheit und Ordnung des Verkehrs zu gewährleisten. Weicht die Behörde in ihrer Ermessensausübung von den Bindungen der VV-StVO ab, so muss sie begründen und darlegen, worin im Einzelfall der sachliche Grund der Abweichung, der atypische Sachverhalt, besteht. Tut sie dies nicht oder trägt der Grund sonstwie nicht, spricht die Abweichung der konkreten Gestalt des Radwegs von den Vorgaben der VV-StVO im Einzelfall für die Ungeeignetheit des Radwegs und die Anordnung der Radwegbenutzungspflicht ist ermessensfehlerhaft, die Verpflichtung des Bürgers zur zwangsweisen Benutzung des - unsicheren - Radwegs damit rechtswidrig. Eine Unterschreitung der in den Verwaltungsvorschriften gerannten Vorgaben führt damit nicht ohne weiteres, sondern nur je nach den Umständen des Einzelfalls zur mangelnden Eignung des Radwegs (vgl. auch zur Anordnung einer Busspur Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 21. Januar 1993 - 11 C 35.92 -). Lediglich für den Fall, dass zwar eine - nicht begründete - Abweichung von den Vorgaben der VV-StVO vorliegt, die daraus zwingend folgende Aufhebung der Benutzungspflicht jedoch im Hinblick auf die besonders und außergewöhnliche Gefahrensituation vor Ort unvertretbar erscheint, weil die dann bei Benutzung der Fahrbahn für Radfahrer bestehenden Gefahren auch im Lichte des unzureichenden Bustandes des Radweges nicht hinnehmbar sind, kann die Benutzungspflicht für den Zeitraum, der zur Herstellung eines den Vorgaben der VV-StVO entsprechenden Radweges erforderlich ist, hingenommen werden. Nach Auffassung der Kammer vermag die generelle Ausnahmegenehmigung der Senatsverwaltung vom 13. August 1998 bezüglich der allgemeinen Abweichung von der lichten Breite Abweichungen von den bundeseinheitlichen Vorschriften der StVG nicht zu rechtfertigen, Diese Genehmigung lässt sich weder auf § 46 Abs. 2 Satz 1 StVO noch auf die dazu erlassene Verwaltungsvorschrift stützen. Schon der Wortlaut des §.46 Abs, 2 Satz 1 StVO begründet Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ausnahmegenehmigung. Danach kann die zuständige oberste Landesbehörde "Ausnahmen für bestimmte Einzelfälle oder allgemein für bestimmte Antragsteller" genehmigen. Betrifft die Ausnahmegenehmigung Radwege, die nicht die Voraussetzungen von II.2 VV-StV0 zu § 2 Abs. 4 Satz 2 erfüllen, so ist dies schon kein bestimmter Einzelfall, dann im Einzelnen bestimmt ist nur der einzelne Radweg, nicht aber die Gesamtheit aller Radwege, die nicht den Vorgaben der Verwaltungsvorschriften entsprechen. Ein allgemein genehmigungsfähiger Umstand liegt nicht vor da dies nur personenbezogen möglich ist. Die Ausnahmegenehmigung stellt auch keine - grundsätzlich zulässige - Modifikation der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zu § 2 Abs- 4 StVO dar. Zwar können gemäß der Verwaltungsvorschrift zu § 46 Abs, 2 StVO die zuständigen obersten Landesbehörden von allen Bestimmungen der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften Abweichungen zulassen, i.e. auch bezüglich der lichten Breite von Radwegen. Dies hat jedoch als Ausnahmeregelung das Vorliegen eines die Ausnahme rechtfertigenden, atypischen Sachverhalts zur Voraussetzung. Dieser ist indes nicht ersichtlich. Insbesondere fiskalische Erwägungen steilen bei Verkehrsregelungen, die zuvörderst der Verkehrssicherheit dienen sollen, keinen sachgerechten Umstand dar. Nähme man schließlich einen solchen Ausnahmetatbestand bei Erlass der Ausnahmegenehmigung an, so kann dies heute die Genehmigung nicht mehr rechtfertigen. Datiert die Genehmigung von 13. August 1998, so würde die weitere Annahme eines Ausnahmetatbestandes, die dann bereits fünf Jahre vorläge, offensichtlich das Verhältnis von Regel und Ausnahme umkehren, der permanente Ausnahmezustand zur Dauereinrichtung. dies war aber mit der Ausnahmegenehmigung seinerzeit auch nicht intendiert, wenn dort ausgeführt wird, die Radwege müssten zum nächstmöglichen Zeitpunkt so ausgebaut werden, dass sie den Mindestanforderungen an die lichte Breite genügten. Dies ist offenbar nach nunmehr fünf Jahren immer, noch nicht geschehen. c) Ausgehend von diesen Maßstäben kann die Anordnung einer Radwegebenutzungspflicht (Zeichen 237) für den rechten Radweg der Scharnweberstraße Richtung Wedding (vor der Auffahrt A 105/ 111) im Bezirk Reinickendorf keinen Bestand haben. Sie ist schon deshalb aufzuheben, weil der Radweg nicht verkehrssicher ist und ein besonderer, atypischer Grund dafür nicht ersichtlich ist. Der Radweg ist mit einer Breite von lediglich 1,12 m wesentlich zu schmal und hat nicht die vorgegebene Mindestbreite von 1,50 m. Auch ansonsten erwies sich der Zustand des Radwegs bei der Augenscheinseinnahme im Hinblick auf die Verkehrssicherheit als schlicht erbärmlich. Will der Radfahrer vermeiden, auf dem schmalen Radweg seitlich mit den Rädern seines Fahrrades an die auf dar rechten Radwegseite befindlichen, um ca. 3 cm erhöhten Randwegsteine zu geraten, die eine erhebliche Gefährdung für den mit ihnen in Kontakt kommenden Radfahrer darstellen, so läuft er Gefahr, auf der linken Radwegseite auf die unbefestigten Baumscheiben zu geraten. Hinzu kam die nicht niveaugleiche Überfahrt von der Straße über die Tankstellenausfahrt auf den Radweg, bei der eine unebene und nicht durchgehende Aufschüttung von Asphalt auf dem Straßenbelag der Anrampung den - untauglichen - Versuch darstellte, diesen Mangel zu beheben. Darüber hinaus liess sich auch eine besondere Gefahrenlage für auf der Fahrbahn fahrende Radfahrer nicht feststellen, so dass sich hier die Frage, ob der schlechte Zustand des Radweges im Hinblick auf eine außergewöhnliche Gefahrenlage zumindest zeitweise hinzunehmen ist, schon nicht stellt. Die Scharnweberstraße ist hier dreispurig, wobei die linke und rechte Spur als Abbiegespuren und die mittlere Spur als Geradeausspur durch Fahrbahnmarkierungen (Pfeile) gekennzeichnet sind. Ein auf der Fahrbahn fahrender Radfahrer, der geradeaus weiter fahren möchte, kann sich problemlos auf der rechten Seite der mittleren Fahrspur einordnen (§ 2 Abs. 1 und 2 StVO). Besondere Probleme für den Radfahrer bei der dabei erforderlichen Querung der Rechtsabbiegespur sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Nach dieser Querung ist der Rechtsabbiegeverkehr auf der rechten Fahrspur, einschließlich des vom Beklagten angeführten Rechtsnachlaufs, für den Radfahrer auf der Fahrbahn irrelevant. Der so auf der Geradeausspur der Fahrbahn stehende Radfahrer ist an dieser Stelle auch nicht durch Rechtsabbieger aus der zweiten Reihe besonders gefährdet. Die mittlere Fahrbahnmarkierung gibt dem dortigen Autoverkehr die Fahrtrichtung Geradeaus zwingend vor (§ 41 Abs. 3 Nr. 5 StVO). Probleme ergeben sich ferner nicht - wie der Beklagte meint - aus dem Vorhandensein einer Radfahrerampel und deren schlechter Sichtbarkeit von der Fahrbahn aus. Zwar hat eine besondere Radfahrerampel nicht lediglich Geltung für die Radwegnutzer, sondern für die Fahrzeugart Fahrrad insgesamt (Vgl. dazu § 37 Abs. 2 Nr. 5 StVO), indes ist deren schlechte Sichtbarkeit kein Problem, das zwingend zu Lasten der Radfahrer gelöst werden muss. Bereits die Nutzung größerer und damit besser erkennbarer Wechsellichtzeichen gerade für Radfahrer vermag hier Abhilfe zu schaffen. Auch der Hinweis des Beklagten schließlich auf § 9 Abs. 2 Satz 5 StVO; wonach Radfahrer vorhandene Rauverkehrsführungen zu folgen haben, greift nicht durch. Diese Vorschrift gilt schon nicht für den geradeausfahrenden - und dazu die Fahrbahn nutzenden - Radfahrer, sondern nur für den abbiegenden Radfahrer. Denn § 9 StVO regelt das Verhalten von Verkehrsteilnehmern, die abbiegen, wenden oder rückwärtsfahren wollen. Insofern schränkt die Norm für den geradeausfahrenden Radfahrer nicht die Nutzung der Fahrbahn ein. Ist das Abbiegen nach rechts zur Autobahn an dieser Stelle für Radfahrer schon nicht möglich, so wäre es zudem unsinnig, einen rechts abbiegenden Radfahrer auf eine in Fahrtrichtung geradeaus führende Radfurt zu verweisen. Linksabbiegende Radfahrer haben gemäß § 9 Abs. 2 Satz 2 und 3 StVO die Wahl, ob sie sich auf der rechten Seite der linken Abbiegefahrspur einordnen oder aber die Fahrbahn hinter der Kreuzung von rechten Fahrbahnrand aus überqueren wollen. Liest man § 9 Abs. 2 Satz 5 StVO dergestalt, dass jeder linksabbiegende Radfahrer die Radverkehrsführung zu folgen hat, kann man die sich der Kreuzung nähernden Radfahrer in ausreichendem Abstand davor unproblematisch auf eine solche Verkehrsführung hinweisen. Im Übrigen ist vorliegend aber auch nicht ersichtlich, dass eine solche Radverkehrsführung zwingend erforderlich ist und nicht wieder entfernt werden kann. Eine besondere und aussergewöhnliche Gefährdung auf der Fahrbahn linksabbiegender Radfahrer, die die Einrichtung einer Radfurt zwingend notwendig machen könnte, ist weder ersichtlich noch vorgetragen. Nimmt man eine mögliche Gefährdung der den - dann nicht mehr benutzungspflichtigen - Radweg nutzenden Radfahrer an, soweit diese die Zufahrt zur Autobahn überqueren, mag sich die Radverkehrsführung durch die Signalwirkung an den rechtsabbiegenden Autoverkehr rechtfertigen, auf auch rechts von ihm möglicherweise noch fahrende Radfahrer zu achten. Dies aber ließe sich in ähnlicher Weise - indes ohne Benutzungszwang für den Radfahrer- durch ein Gefahrzeichen (vgl. etwa Zeichen 138) regeln. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die. Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit gründet auf §§ 708 Ziffer 11, 711 ZPO. Rechtsmittelbelehrung Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht Berlin, Kirchstraße 7, 1057 Berlin zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Verwaltungsgericht Berlin einzureichen. Für das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für den Antrag auf Zulassung der Berufung. Danach muss sich jeder Beteiligte, soweit er einen Antrag stellt, durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Nachschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen. Neumann Keßler Dolle Do. Ausgefertigt [unleserlich] (Justizangestellte) als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle