VG 27 A 206,99

Verkündet am 28. September 2000
 
Speichert
Justizobersekretärin
als Urkundbeamter der Geschäftsstelle
zugestellt am 14.12.2000

Berliner Wappen
 
VERWALTUNGSGERICHT BERLIN
 
URTEIL

Im Namen des Volkes

 
In der Verwaltungsstreitsache
 
         des Herrn [Name bekannt],
[Adresse],
 
    Klägers,
   
   g e g e n
 
 
  das Land Berlin, vertreten durch die
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung,
Württembergische Straße 6, 10707 Berlin,
 
    Beklagten,
 
hat das Verwaltungsgericht Berlin 27. Kammer aufgrund
der mündlichen Verhandlung vom 28. September 2000 durch
 
  den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Neumann,
den Richter am Verwaltungsgericht Minsinger,
den Richter am Verwaltungsgericht Hutscherreuther-von Emden und
die ehrenamtlichen Richter Schwarz und Reitersleben
 
für Recht erkannt:
 
 

Die durch den Polizeipräsidenten in Berlin angeordnete Benutzungspflicht (Zeichen 237 der StVO) für

  • den rechten Radweg der Luxemburger Straße in Richtung Leopoldplatz Ecke Genter Straße
  • den rechten Radweg der Schulstraße in Richtung Leopoldplatz, Ecke Turinar Straße
  • den rechten Radweg der Schulstraße in Richtung Nauener Platz, Ecke Maxstraße
  • den rechten Radweg der Schulstraße in Richtung Nauener Platz, Höhe Martin-Opitz-Straße
und der Widerspruchsbescheid der Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen
und Verkehr vom 13. Juli 1999 werden aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die durch Zeichen 237 auf den im Tenor genannten Radwegabschnitten dar Luxemburger Straße und der Schulstraße in Berlin-Wedding angeordnete Benutzungspflicht. Seine Wohnung liegt inr unmittelbarer Nähe, er macht geltend, als leidenschaftlicher, zügig fahrender Radfahrer diese Strecken häufig nutzen zu müssen und sieht sich an der gewohnten zügigen Fahrweise gehindert, wenn, er entsprechend der Verkehrsregelung den Fahrradweg benutzen muß.

Die Luxemburger Straße und die Schulstraße als ihre Fortsetzung sind im Bereich zwischen der Einmündung der Genter Straße und der Martin-Opitz-Straße Hauptverkehrsstraßen mit drei Fahrstreifen je Fahrtrichtung, von deren jeweils der rechte Fahrstreifen überwiegend zum Parken freigegeben ist; in beiden Fahrtrichtungen sind auf der rechts von der Fahrbahn befindlichen Gehwegfläche in dem gesamten Bereich zwischen Genter Straße und Martin-Opitz-Straße 1 m breite Radwege angelegt. Die Müllerstraße und die Reinickendorfer Straße, die sie Luxemburger Straße bzw. die Schulstraße. in dem genannten Bereich kreuzen, sind ebenfalls Hauptverkehrsstraßen mit drei Fahrstreifen je Fahrtrichtung vor den grossräumigen Kreuzungen Luxemburger Straße / Schulstraße - Müllerstraße und Schulstraße - Reinickendorfer Straße; weder die Müllerstraße noch die Reinickendorfer Straße sind vor oder hinter den beiden Kreuzungen mit Radwegen versehen.

Im Zusammenhang mit der damals gerade in Kraft getretenen Änderung des § 2 Abs. 4 StVO - durch die eine generelle Verpflichtung der Radfahrer, vorhandene Radwege zu benutzen, aufgehoben wurde - ordnete der Polizeipräsident in Berlin am 15. Oktober 1998 die Benutzungspflicht für die für beide Fahrtrichtungen der Luxemburger Straße / Schulstraße vorhandenen Radwege auf den Abschnitten zwischen der Einmündung der in jeweiliger Fahrtrichtung vorangehenden Nebenstraße bis zur Kreuzung mit der Müllerstraße und der Reinickendorfer Straße durch Aufstellung des Zeichens 237 der StVO an - also in nördlicher Richtung zwischen Genter Straße und Müllerstraße und zwischen Maxstraße und Nauener Platz, in südlicher Richtung zwischen Martin-Opitz-Straße und Nauener Platz und zwischen Turiner Straße und Müllerstraße - Auf den dazwischen liegenden Radwegabschnitten und jeweils in Fahrtrichtung hinter der Kreuzung mit der Müllerstraße bzw. Reinickendorfer Straße wurde keine Benutzungspflicht angeordnet.

Die Kammer hat die von der Radwegbenutzungspflicht erfaßten Örtlichkeiten in Augenschein genommen, wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll des Ortstermins verwiesen.

Mit einem beim Polizeipräsidenten in Berlin am 30. November 1998 eingegangenen Schreiben erhob der Kläger Widerspruch gegen die Anordnung der Radwegbenutzungspflicht und führte zur Begründung im wesentlichen aus, dass die Maßnahme nicht von der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung zu § 2 Abs. 4 Satz 2 StVO (im Folgenden VwV-StVO) gedeckt sei.

Der Polizeipräsident in Berlin begründete daraufhin dem Kläger gegenüber die verkehrsrechtliche Anordnung mit Schreiben vorn 15. Dezember 1998 u.a. damit, daß die Trennung der Radfahrer vom Kraftfahrzeugverkehr an den zwei Kreuzungen erforderlich sei, da diese derart großräumig seien, daß die Berücksichtigung der Radfahrer-Räumzeiten zu erheblichen unannehmbaren Leistungsverlusten der Lichtzeichenanlagen führten. Von der in der VV-StV0 genannten Mindestbreite der Radwege könne abgewichen werden, wenn es aufgrund der örtlichen und verkehrlichen Verhältnisse erforderlich und verhältnismäßig sei. Die Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 13. Juli 1999 zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Senatsverwaltung als oberste Landesbehörde für solche Radwege, die die vorgeschriebene Mindestbreite unterschritten, für die aus Gründen der Verkehrssicherheit aber gleichwohl eine Benutzungspflicht notwendig sei, gemäß der VwV-StVO zu § 46 Abs. 2 StV0 eine Abweichung von der Regelung der VwV über die Mindestbreite zugelassen habe; denn zum Teil sei bei gekennzeichneten Radwegen wegen des erheblichen Kostenaufwandes eine kurzfristige Vertreiterung nicht möglich. In anderen Fällen sei für eine Verbreiterung kein ausreichender Straßenraum vorhanden. Eine erhebliche zusätzliche, zur Benutzungspflicht führende Gefährdung für die Radfahrer sei dann grundsätzlich nicht auszuschließen, wenn die Straße bevorrechtigt sei und zusätzlich eine der folgender Voraussetzungen gegeben sei: zulässige Höchstgeschwindigkeit Über 50 km/h oder mehr als zwei Fahrstreifen je Richtung für den fließenden Verkehr oder eine im Verhältnis zu der Zahl der dem fließenden Verkehr zur Verfügung stehenden Fahrstreifen hohe Kraftfahrzeugsverkehrsbelastung oder häufige Staubildungen. Unter diesen Verkehrssicherheitsgesichtspunkten sei die Benutzungspflicht bei einem Ortstermin festgelegt worden. Die vom Kläger angegebene gefährliche Verkehrsführung der Radwege sei nicht festgestellt worden. Aus den genannten Gründen sei die Radwegebenutzungspflicht erforderlich, da die Sicherheit der Radfahrer die Zulassung das Radverkehrs an den lichtzeichengeregelten, großräumig angelegten Kreuzungen auf der Fahrtbahn nicht zulasse. Auch aus Gründen der Ordnung des Verkehrs könne der mit der erheblichen Verlängerung der Räumphase für die Radfahrer verbundene Leistungsverlust der Kreuzungen nicht hingenommen werden.

Der Kläger hat am 14. August 1999 Klage erhoben, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Er trägt vor, die Radwegbenutzungspflicht sei rechtswidrig, weil die in der VwV-StV0 artgeordnete Mindestbreite baulich angelegter Radwege von 1,50 m um 0,50 m unterschritten sei. Die in der VwV-StV0 genannten Voraussetzungen für ein Unterschreiten der Mindestbreite von Radwegen seien vorliegend nicht gegeben. Es habe schon keine Einzelfallprüfung durch die Behörde stattgefunden, vielmehr sei es in Berlin flächendeckend zur Statuierung einer Radwegbenutzungspflicht vor Hauptverkehrskreuzungen gekommen; darüber hinaus führe gerade eine Entmischung des Kraftfahrzeug und des Fahrradverkehrs an Kreuzungen zu einer zusätzlichen Gefährdung der Fahrradfahrer, da diese dem Blickfeld der Kraftfahrer entzogen seien und von ihnen erst unmittelbar im Kreuzungsbereich wahrgenommen würden, weshalb es leicht zu Rechtsabbiegerunfällen komme. Dass die Benutzung von Radwegen der bisherigen Berliner Bauart mit einer Breite von 1,00 m ein höheres Risiko berge als das Radfahren auf der Straße, ergebe ich bereits aus der Untersuchung des Polizeipräsidenten in Berlin "Verkehrsunfälle mit Radfahrern - eine Sonderuntersuchung der Radfahrerunfälle in Berlin (West) in den Jahren 1981 bis 1985". Eine zusätzliche Gefährdung ergehe sich aus der Führung der Radfahrfurt im Kreuzungsbereich zum jeweils gegenüberliegenden, nicht benutzungspflichtigen Radweg, denn diejenigen Radfahrer, die ansonsten auf der Fahrbahn führen, müßten sich nach dem Überqueren der Kreuzung wieder in den Fahrbahnverkehr einordnen, worauf die Autofahrer aber wegen der nicht vorhandenen, Fahrbahnmarkierung nicht vorbereitet sein. Der Wechsel von der freigestellten Benutzung des Radweges zur Benutzungspflicht und sodann, wieder zur freigestellten Benutzung widerspreche zudem der VwV-StVO schon deshalb weil die Linienführung nicht stetig und bei Kreuzungen nicht sichergestellt sei. Besondere Gefahren ergäben sich für die den benutzungspflichtigen Radweg befahrenden Radler wegen der Bushaltestelle am Leopoldplatz; dort blockierten häufig Fußgänger den Radweg, der weder farblich noch baulich zur Bewältigung der Nutzungskonflikte geeignet sei und überdies eine geknickte Führung aufweise. Größere Ansammlungen von Fahrgästen auf dein Radweg führten dazu, daß man seine Fahrt unterbrechen müsse, was nicht zumutbar sei. Überdies erschwere die höhe Fußgängerfrequenz den Sichtkontakt zwischen Radfahrern und Kraftfahrern zusätzlich. Bei dem Taxisand an der Schulstraße gebe es eine Gefährdung der Radfahrer durch den Taxibetrieb, insbesondere auch deswegen, weil wegen des Absperrgitters nicht einmal ein Ausweichen nach rechts möglich sei. Die Anordnung der Radwegbenutzungspflicht sei darüber hinaus auch nicht erforderlich. Auch wenn Radfahrer gegenüber Autofahrern längere Zeiten für die Räumung der ampelgeregelten Kreuzung benötigen, müsse diesem Konflikt, durch eine den Interessen beider Verkehrsgruppen gerecht werdende Verkehrsregelung Rechnung getragen werden, was etwa durch einen Radfahrstreifen auf der Fahrbahn in Verbindung mit einer gesonderten Lichtzeichenanlage für Radfahrer geschehen könne. Gegen die Erforderlichkeit der Radwegbenutzungspflicht spreche auch, daß an vergleichbaren Kreuzungen - etwa an der Kreuzung Schulstraße / Turiner Straße bzw. Ruheplatzstraße wo ebenfalls eine Verkehrsampel aufgestellt und die Verkehrsbelastung nur geringfügig schwächer sei - die Benutzung der Radwege nicht angeordnet worden sei.

 
Der Kläger beantragt
 
         die durch den Polizeipräsidenten in Berlin angeordnete Benutzungspflicht (Zeichen 237 der StVO) für
  • den rechten Radweg der Luxemburger Straße in Richtung Leopoldplatz, Ecke Genter Straße
  • den rechten Radweg der Schulstraße in Richtung Leopoldplatz, Ecke Turiner Straße
  • den rechten Radweg der Schulstraße in Richtung Nauener Platz, Ecke Maxstraße
  • den rechten Radweg der Schulstraße in Richtung Nauener Platz, Höhe Martin-Opitz-Straße
und den Widerspruchsbescheid der Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr vom 13. Juli 1999 aufzuheben.

 
Der Beklagte beantragt,
 
  die Klage abzuweisen.

Er ist der Ansicht, die auf § 45 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 StVO gestützte Aufstellung der Verkehrszeichen sei rechtmäßig, da sie sei aus Grünaen der Sicherheit und Ordnung des Verkehrs erfolgt und zur Erreichung dieses Zweckes geeignet und erforderlich sei. Bezüglich der streitigen Straßenabschnitte habe eine Einzelfallprüfung durch das zuständige Tiefbauamt, den Polizeipräsidenten und die Senatsverwaltung stattgefunden, wobei Entscheidungsgrundlage sowohl die Verkehrssicherheit als auch die tägliche Verkehrsbelastung, die Verkehrsbedeutung und die Berücksichtigung der geltenden Signalzeichenpläne gewesen sei.

Die Anordnung der Radwegbenutzungspflicht für die Kreuzungen Luxemburger Straße / Schulstraße - Müllerstraße und Schulstraße - Reinickendorfer Straße sei aus Gründen der Verkehrssicherheit erforderlich, um durch eine Trennung von Kraftfahrzeug- und Fahrradverkehr die Gefahr einer Kollision abbiegender Autos mit geradeaus fahrenden Rädern zu verringern. Der vorhandene Radweg in Verbindung reit einer separaten Signalisierung biete die Möglichkeit, eine Verkehrsfläche ausschließlich dem Fahrradverkehr vorzubehalten. Die Entmischung des Verkehrs diene grundsätzlich dem Schutz der Fahrradfahrer am besten; daher werde in der VwV-StVO weiterhin die vorrangige Anlage von Radwegen empfohlen. Nicht schon die Entmischung des Verkehrs im Kreuzungsbereich führe zu den Rechtsabbiegerunfällen sondern eine - an den hier streitigen Kreuzungsbereichen nicht gegebene - Führung des Radweges außer Sichtweite des Kraftfahrzeugverkehrs. Eine Aufhebung der Radwegbenutzungspflicht sei auch nicht geeignet, die Anzahl der Abbiegerunfälle zu verringern, da die Radwege weiter zur Verfügung ständen und genutzt würden. Dadurch würde der Kraftfahrzeugverkehr mit Radfahrern auf der Fahrbahn und auf dem Radweg konfrontiert, was noch unübersichtlicher und unfallträchtiger sei; an Knotenpunkten sei deshalb eine einheitliche Regelung angebracht. Für die vorliegende Anordnung der Radwegbenutzungspflicht im Kreuzungsbereich von Hauptverkehrsstraßen sei die Gefährdung durch sehr starken Verkehr (Unfälle durch fehlenden Sicherheitsabstand) und durch häufige Fahrstreifenwechsel bei einer hohen Anzahl von Fahrstreifen (Unfälle durch Fehler beim Fahrstreifenwechsel) entscheidend; diese Merkmale wiesen Kreuzungen von Haupt- und Nebenstraßen nicht auf, so daß dort eine Anordnung der Radwegbenutzungspflicht nicht erforderlich gewesen sei. Es sei nicht statistisch erwiesen, daß die Benutzung von Radwegen der bisher Berliner Bauart ein höheres Unfallrisiko als die Benutzung der Fahrbahn mit sich bringe. Dies ergebe sich insbesondere, nicht aus der vom Kläger angeführten Untersuchung des Polizeipräsidenten in Berlin "Verkehrsunfälle mit Radfahrern - eine Sonderuntersuchung der Radfahrerunfälle in Berlin (West) in den Jahren 1981 bis 1985".

Die Anordnung der Benutzungspflicht sei auch aus Gründen der Ordnung des Verkehrs erforderlich gewesen, um Leistungsverluste der Lichtzeichenanlagen zu vermeiden. Unter Berücksichtigung des Umstands, daß nach den Richtlinien für Lichtzeichenanlagen die Räumzeit eines Kraftfahrzeugs mit 10 m/s, die Räumzeit eines Radfahrers mit 4 m/s angesetzt werde und der zwischen der Haltelinie vor der Kreuzung und dem Kontrollpunkt in der Mitte des letzten Fahrstreifens vor dem Verlassen der Kreuzung anzusetzende Grundräumweg bei der Kreuzung I 31 m, bei der Kreuzung II 38 m betrage, benötige ein Kraftfahrzeug 3,1 Sekunden bis zum Passieren des Kontrollpunktes bei Kreuzung I und 3,8 Sekunden bei Kreuzung II, wahrend ein Fahrrad dafür 7,75 Sekunden bei Kreuzung I und 9,5 Sekunden bei Kreuzung II benötige. Die Berücksichtigung der Differenz von 4,65 Sekunden bzw. 5,7 Sekunden würde zu einer Kürzung der Grünzeiten führen, so daß es in Spitzenzeiten zu verstärkter Staubildung und erhöhter Lärm- und Abgasbelastung kommen würde.

Die Benutzung der Radwege sei vorliegend nach deren Beschaffenheit und Zustand auch zumutbar. Zwar werde die Mindestbreite von 1,50 m unterschritten, jedoch hab die Senatsverwaltung unter Abweichung von der VwV-StVO, die ausnahmsweise und nach sorgfältiger Überprüfung an kurzen Abschnitten ein Unterschreiten der Mindestbreite zulasse, gemäß VwV-StVO zu § 46 Abs. 2 ein aufgrund der Verkehrslage notwendiges Unterschreiten der Mindestbreite auch an längeren Abschnitten zugelassen. Der vom Kläger vorgeschlagenen Markierung eines Radfahrstreifens vor der Kreuzung stehe entgegen, daß die VwV-StVO baulich angelegte Radwege grundsätzlich für sicherer als Radfahrstreifen halte.

Auch die vom Kläger vorgetragenen Gefährdungen lägen nicht vor. Sofern er nach der Kreuzung den dann nicht mehr benutzungspflichtigen Radweg nicht nutzen wolle, habe er seiner Sorgfaltspflicht nachzukommen und sich erst dann wieder in den Straßenverkehr einzuordnen, wenn dies gefahrlos möglich sei. Eine besondere Gefährdung ergebe sich auch nicht durch die Bushaltestelle am Leopoldplatz und den Taxistand am Nauener Platz. Da Radfahrer in Haltestellenbereichen gegenüber Fußgängern zu besonderer Vorsicht verpflichtet seien, führten Passanten auf dem Radweg weniger zu einer Gefährdung der Radfahrer als vielmehr zu einem Fahrzeitverlust. Bei der Anordnung der Radwegbenutzungspflicht sei zudem berücksichtigt worden, daß Radfahrer im Bereich von Bushaltestellen gefährdet würden, indem sie "um den Bus herumfahren" müßten, durch vorbeifahrende Fahrzeuge abgedrängt oder durch anfahrende Busse übersehen werden könnten. Bei dem Taxistand gebe es keine hohe Fußgängerfluktuation, jedoch würden Radfahrer auf der Fahrbahn durch das häufige Anfahren der Taxis vom Fahrbahnrand negativ betroffen.

Wegen des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge verwiesen, die, soweit wesentlich Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung waren.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist als fristgerecht erhobene (§ 74 Abs. 1 VwGO) Anfechtungsklage zulässig. Verkehrszeichen sind Dauerverwaltungsakte in Form von Allgemeinverfügungen im Sinn des § 35 S. 2 VwVfG (vgl. BVerwGE 59,221 [225 f]). Der Kläger ist klagebefugt. Hierzu genügt es, das der Kläger als Radfahrer ein durch die angefochtene Verkehrsregelung betroffener Verkehrsteilnehmer ist; dieser kann geltend machen, daß die rechtssatzmäßigen Voraussetzungen für die angefochtene Vekehrsregelung nicht gegeben seien (vgl. BVerwGE 92,32 ([35]), zumal es wegen der Nähe seines Wohnortes zu dem von der angefochtenen Regelung betroffenen Bereich naheliegt, daß der Kläger die der Radwegebenutzungspflicht unterliegende Strecke tatsächlich und häufig benutzt.

Die Klage ist auch begründet. Die angegriffenen Verkehrszeichen sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Voraussetzungen, unter denen für die hier streiterheblichen Straßenabschnitte eine Radwegebenutzungspflicht angeordnet werden konnte, liegen nicht vor.

Bei der rechtlichen Beurteilung ist zunächst davon auszugehen, daß es nach Aufhebung der grundsätzlichen Radwegebenutzungspflicht durch die seit dem 1. Oktober 1998 geltende Neufassung des § 2 Abs. 4 StVO grundsätzlich, zulässig ist, daß Radfahrer nicht einen vorhandenen Radweg, sondern die Fahrbahn benutzen. Die Anordnung einer Radwegebenutzungspflicht durch Zeichen 237 zu StVO stellt sich damit nicht nur als Gebotsregelung, sondern - durch den Ausschluß der Nutzung der Fahrbahn zugleich als Verbotsregelung und damit als eine die Straßenbenutzung durch den fließenden (Fahrrad-)Verkehr beschränkende Maßnahme dar. Denn die durch Zeichen 237 StVO angeordnete Radwegbenutzungspflicht verbietet dem zuvor zulässigerweise die Fahrbahn benutzenden Radfahrer, weiter auf der Fahrbahn zu fahren und steht insoweit hinsichtlich der Fahrbahnbenutzung dem stets als Verkehrsbeschränkung anzusehenden Zeichen 254 StVO gleich.

Rechtsgrundlage für die Aufstellung der Zeichen 237 ist damit zunächst neben § 39 Abs. 1 StVO auch § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO, wonach die Verkehrsbehörden die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit und Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten können. Hinsichtlich der Anforderungen, die an die Eingriffstatbestände des § 45 Abs. 1 bis Abs. 1 d StVO zu stellen sind, ist durch Verordnung vom 7. August 1997 (BGBl. I, 2028) folgender Abs. 9 in § 45 StVO eingefügt worden:

"Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen sind nur dort anzuordnen, wo dies aufgrund der besonderen Umstände zwingend geboten ist. Insbesondere Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs dürfen nur angeordnet werden, wo aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt..."

Nach dieser Bestimmung setzt eine verkehrsbehördliche Anordnung, die wie die hier angefochtene Radwegebenutzungspflicht (§ 2 Abs. 4 Satz 2 StVO) eine sonst zulässige Benutzung bestimmter Straßenstrecken für Radfahrer beschränkt, das Vorhandensein besonderer, zu einer solchen Regelung zwingender Umstände voraus (normative Umsetzung bzw. Verschärfung der schon für das vor Inkrafttreten dieser Bestimmung geltende Recht einschlägigen Rechtsprechung [BVerwG Buchholz 442, 151 § 45 StVO Nr. 8, S. 26], vgl. zu § 45 Abs. 9 StVO auch OVG Bremen, NZV 2000, 140; OVG Hamburg NZV 2000, 348 und VGH Kassel, NZV 99, 397). Solche Umstände sind nach § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO nur bei einer aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse bestehenden außergewöhnlichen Gefahrenlage gegeben. Diese hohen normativen Anforderungen hat der Beklagte bei der angefochtenen Anordnung der Radwegebenutzung nicht beachtet (hierzu unter 1); darüber hinaus ist die Anordnung der Radwegbenutzungspflicht auch schon deshalb rechtswidrig, weil hierfür die Voraussetzungen der zwar nur verwaltungsinternen, aber das Ermessen der Straßenverkehrsbehörden für solche Anordnungen bundeseinheitlich bindenden Verwaltungsvorschriften zu § 2 Abs. 4 Satz 2 StVO (VkBl. 99, 290) - VV-StVO - nicht vorliegen (hierzu unter 2).

1. Der Beklagte hat die angefochtene Maßnahme im Klageerfahren im wesentlichen damit gerechtfertigt, daß die Anordnung der Radwegebenutzungspflicht die im Kreuzungsbereich der Hauptverkehrsstraßen mit außergewöhnlichere Abbiegeverkehr entstehenden Gefahren für Radfahrer minimieren solle und zugleich kürzere Räumzeiten für die ampelgeregelten Kreuzungen zur Vermeidung von Staubildungen und Abgasbelastungen im Fahrzeugverkehr erreicht werden sollten.
Es liegt auf der Hand, daß diese Begründung den besonderen Anforderungen des § 45 Abs. 9 StVO nicht standhalten kann. Es ist zwar nicht zu verkennen, daß die vorn Beklagten genannten Gründe unter der Voraussetzung einer gefahrlosen Benutzung des Radwegs zur Erreichung der aufgeführten Ziele förderlich sein könnten, doch fehlt es bereits an dem gesetzlichen Erfordernis des § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO, daß die Maßnahme "aufgrund der besonderen Umstände zwingend geboten ist".

Die Kammer kann bereits das Vorliegen "besonderer Umstände" nicht erkennen. Soweit im Widerspruchsbescheid davon ausgegangen wird, daß Radfahrer bei Benutzung der Fahrbahn dann "erheblichen zusätzlichen Gefahren" ausgesetzt seien, wenn es sich um eine bevorrechtigte Straße handele und eine der hier sämtlich geebenden weiteren Voraussetzungen - Höchstgeschwindigkeit über 50 km/h, mehr als zwei Fahrstreifen für den fließenden Verkehr, eine im Verhältnis zu der Zahl der dem fließenden Verkehr zur Verfügung stehenden Fahrstreifen hohe Kraftfahrzeugverkehrsbelastung, Staubildungen - vorliege, genügt das den Anforderungen an das Vorliegen "besonderer Umstände" für die Anordnung der hier streitigen Radwegebenutzungspflicht schon deshalb nicht, weil diese Gefahrenlage der angefochtenen Anordnung nicht zugrundelegt worden ist. Denn es ist lediglich der Ragwegbereich vor den beiden Kreuzungen, nicht, etwa der Radweg auf der gesamten Länge der Luxemburger- / Schulstraße - für den die genannten Voraussetzungen ebenfalls zutreffen - für benutzungspflichtig erklärt worden. Entsprechend den Ausführungen im Klageverfahren war für die streitige Anordnung vielmehr die Verkehrssituation im Kreuzungsbereich maßgeblich. Diese weist allerdings seine erkennbaren Besonderheiten auf. Denn vergleichbare ampelgeregelte Kreuzungen zwischen Hauptverkehrsstraßen sind in Berlin häufig, es gibt keinen Anhaltspunkt, daß die dabei entstehenden Gefahren für den Radverkehr erheblich anders zu beurteilen wären als die Situation an den hier streitigen Örtlichkeiten. Die einzige vorliegende Besonderheit zu anderen Kreuzungen von Hauptverkehrsstraßen liegt darin, daß eine der kreuzenden Straßen im vorliegenden Fall einen Radweg im Kreuzungsbereich aufweist. Daß hierfür die Anordnung einer Radwegbenutzungspflicht nicht "zwingend gebeten", also die zur Gefahrenabwehr unbedingt erforderliche und allein in Frage kommende Möglichkeit ist, wird bereits dadurch belegt, daß die im Kreuzungsbereich, von Hauptverkehrsstraßen entstehenden Gefahren für den Radverkehr andernorts nicht dazu geführt haben, daß - sei es durch Anlage von Radwegen oder durch besondere Radspuren - eine Entmischung des Verkehrs herbeigeführt worden wäre, so sind die vorliegend kreuzenden Müllerstraße und Reinickendorfer Straße jeweils mehrspurige Hauptverkehrsstraßen ohne Radweg oder Radspur. Nimmt die Verkehrsbehörde auf diesen beiden Straßen die im Kreuzungsbereich bestehenden Gefährdungen für Radfahrer ohne jede Verkehrsregelung hin, kann von einer zwingenden Erforderlichkeit, für die die gleiche Kreuzung querenden Straßen eine Radwegbenutzungspflicht anzuordnen, nicht ausgegangen werden.

Prinzipiell nicht mit § 45 Abs. 9 StVO vereinbar ist das Bestreben des Beklagten, durch die Radwegbenutzungspflicht eine Verkürzung der Grünphase zur Förderung des fließenden Fahrzeugverkehrs auf der dem Radweg parallelen Fahrbahn zu erreichen. Nach § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO können Beschränkungen des fließenden Verkehrs - hier des Radverkehrs - ohnehin nur bei einer hier (wie dargestellt) nicht vorliegenden besonderen, das allgemeine Risiko für die Verkehrssicherheit erheblich übersteigenden örtlichen Gefahrenlage und nicht aus anderen Gründen angeordnet werden. Unabhängig davon ist die Anordnung einer Radwegebenutzungspflicht zur Verkürzung einer Räumphase bei einer ampelgeregelten Kreuzung auch nicht aufgrund besonderer Umstände zwingend geboten, denn auch hier steht dem - wie oben ausgeführt - bereits entgegen, daß vergleichbare Maßnahmen schon bei den in 0st-West Richtung kreuzenden Straßen nicht angeordnet worden sind, dort also die Verlangsamung der Räumung der Kreuzung durch Radverkehr hingenommen wird, ohne daß erkennbar oder ersichtlich wäre, daß dort eine grundlegend andere Verkehrssituation vorliegen würde als in der Luxemburger- bzw. Schulstraße.

Da somit die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung einer Radwegbenutzungspflicht nicht vorliegen, ist es für die Entscheidung unerheblich, daß die Senatsverwaltung gemäß § 46 Abs. 2 StVO bei Vorliegen einer an bestimmte Voraussetzungen geknüpften Gefährdung für nicht den Anforderungen der VV-StVO an die lichte Breite genügende Radwege Ausnahmen zugelassen hat. Denn die Regelung des § 46 Abs. 2 StVO gibt keine Befugnis dazu, von den normativen Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 Abs. 9 StVO für den Erlaß von verkehrsbehördlichen Anordnungen abzuweichen.

2. Selbst wenn der Beklagte mit der angefochtenen Anordnung nicht die zwingenden Voraussetzungen des § 45 Abs. 9 StVO mißachtet hätte, wäre die Anordnung rechtswidrig. Denn die Anordnung der Benutzungspflicht für die hier streitigen Radwege steht in Widerspruch zu den VV-StVO, die als bundeseinheitliche Regeln das Ermessen bei einer derartigen verkehrsbehördlichen Anordnung binden und deren Nichteinhaltung vom Kläger als willkürlicher Eingriff in seine Rechte (Art. 3 Abs. 1 GG) geltend gemacht werden kann.

Nach II Nr. 2 VV-StVO ist Voraussetzung für die Anordnung der Radwegbenutzungspflicht, daß die Benutzung des Radwegs nach der Beschaffenheit und dem Zustand zumutbar sowie die Linienführung eindeutig, stetig und sicher ist. Vorausgesetzt wird "in der Regel" eine im vorliegenden Fall nicht vorhandene Breite von mindestens 1,50 m. Nur "ausnahmsweise und nach sorgfältiger Prüfung kann von den Mindestmaßen dann, wenn es aufgrund der örtlichen oder verkehrlichen Verhältnisse erforderlich und verhältnismäßig ist, an kurzen Abschnitten (z. B. kurze Engstelle) unter Wahrung der Verkehrssicherheit abgewichen werden". Diesen Anforderungen genügt der unter Benutzungspflicht gestellte Radweg ersichtlich nicht. Dabei kann dahinstehen, ob nicht schon der Umstand, daß der vor jeder Kreuzung auf einer Länge von mindestens 100 m für benutzungspflichtig erklärte Redwe durchgängig die erforderliche Breite nicht besitzt, dazu führt, daß nach der VV-StVO - die nach ihrem allerdings der "authentischen Interpretation" der Behörde unterliegenden (vgl. dazu BVerwG NJW 79, 2059) Wortlaut nur für kurze Abschnitte, nicht aber für die gesamte Wegstrecke eine Unterschreitung der Benutzungspflicht vorsieht - die Voraussetzungen für eine derartige Anordnung fehlen. Jedenfalls ist Voraussetzung für die Anordnung einer Benutzungspflicht, daß der benutzungspflichtige Radweg den Anforderungen an die Verkehrssicherheit genügt. Hieran fehlt es, wie die Ortsbesichtigung ergeben hat, gerade auch im Bereich der Kreuzungen an der Müller- bzw. Reinickendorfer Straße:
Die Müllerstraße ist eine Einkaufsstraße, im Kreuzungsbereich finden sich auf drei Seiten U-Bahneingänge, auf beiden Seiten der Schulstraße Bushaltestellen, an der nordöstlichen Ecke der Kreuzung ein Kaufhaus. Ein erhebliches Konfliktpotential zwischen Radfahrern und Fußgängern besteht an der nordwestlichen Ecke, wo durch ein Wartehäuschen an der Haltestelle ein nur 1,25 m breiter Fußweg vorhanden ist; zudem ragen die Äste eines Baumes in einer Höhe von 1,80 m auf den Radweg. Im Kreuzungsbereich befindet sich der Übergang von der U-Bahnstation zum Kaufhaus. Es liegt auf der Hand, daß es in diesem Bereich schon aufgrund der Enge des Rad- und Fußwegs und des aufgrund der Verkehrsanbindung überdurchschnittlichen Fußgängerverkehrs zu erheblichen gegenseitigen Behinderungen mit den Nutzern des Radwegs kommt. Die in südlicher Richtung die Müllerstraße überquerenden Radfahrer erscheinen zudem dadurch gefährdet, daß zwischen Radweg und Fahrbahn bei Rotlicht auf den Übergang zum Kaufhaus wartende Fußgänger stehen, die für Abbiegende eine rechtzeitige Sicht von der Fahrbahn auf den Radweg behindern. Auch der zur südöstlichen Ecke des Kreuzunggbereiches an der Müllerstraße führende benutzungspflichtige Radweg (Luxemburger Straße) genügt nicht den Anforderungen an die Verkehrssicherheit: Zwischen Genter Straße und der Kreuzung der Müllerstraße befinden sich mehrere, durch Poller gesicherte Hauseinfahrten, der verbleibende Fußweg ist schmal (an der Einschwenkung nachgemessen: 1,60 m) und wird teilweise durch herausgestellte Gaststättentische, Lichtmasten, Werbeschilder einen Verteilerkasten weiter verengt; zudem ragt ein Abfallkorb unmittelbar an den Radweg heran. Auch hier sind gefahrenträchtige Konflikte zwischen Radfahrern und Fußgängern wegen der Enge und des Fehlens von hinreichenden Ausweichmöglichkeiten vorprogrammiert, zudem erscheinen die Nutzer des Fahrradwegs auch durch von der Straße in die Einfahrten abbiegende Fahrzeuge gefährdet, da der Straßenrand als Parkfläche genutzt wird und für Einbieger die bevorrechtigten Radwegnutzer deshalb schwer zu erkennen sind. Dieses Problem - unübersichtliche Hauseinfahrten - stellt sich auch an der südöstlichen Ecke der Kreuzung Reinickendorfer Straße, zumal dort der Radweg sogar im Zeitpunkt der Ortsbesichtigung durch ein geparktes Fahrzeug behindert wurde. Auf der diagonal gegenüberliegenden Seite ist der Radweg vor der Kreuzung rechts durch ein Fußgängergitter abgesperrt, das zwar Konflikte mit den Fußgängern ausschließt, anderseits - worauf der Kläger zutreffend hingewiesen hat -, deshalb gefahrenträchtig ist, weil sich links neben denn Radweg ein Taxenstand befindet, dessen Benutzer unmittelbar am Radweg ein- und aussteigen. Ganz allgemein kommt schließlich noch hinzu, daß der Radweg zu unterschiedlichen Zeiten ausgebaut worden ist. Während neu errichtete Teile flache Radwegbegrenzungssteine aufweisen, sind die älteren Abschnitte - die sich überwiegend am Beginn der jeweils benutzungspflichtigen Strecke befinden - noch mit bis zu 4 cm erhöhten Begrenzungssteinen ausgestattet, die ein gefahrloses Überfahren bei Ausweichmanövern nicht zulassen.

Nach, alledem kann das Gericht nur feststellen, daß die für benutzungspflichtig erklärten Radwegabschnitte keinesfalls als verkehrssicher - nämlich eine ungehinderte Fortbewegung unter weitgehender Ausschaltung vorhersehbarer Gefährdungen . durch andere Verkehrsteilnehmer ermöglichend - anzusehen sind. Die Anordnung einer Radwegbenutzungspflicht scheidet deshalb von vornherein aus, sie steht auch dann, wenn von den in der VV-StV0 genannten Anforderungen ausnahmsweise abgewichen werden soll, unter dem Vorbehalt der "Wahrung der Verkehrssicherheit".

3. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 154 Abs. 1, 167 Abs. 2 VwGO.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht Berlin, Kirchstraße 7, 10557 Berlin zu stellen. Er muß das angefochtene Urteil bezeichnen. Ferner sind in dem Antrag die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist.

Für das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für den Antrag auf Zulassung der Berufung. Danach muß sich jeder Beteiligte soweit er einen Antrag stellt, durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst vertreten lassen.

Neumann Richter am Verwaltungsgericht
Minsinger ist wegen - stationär
zu behandelnder- Erkrankung
an der Unterschrift gehindert.
Hutscherreuther-von Emden
   
Neumann
 
 
  Dienstsiegel Ausgefertigt/Beglaubigt
 
[unleserliche Unterschrift]
Justizangestellte